ZDF sonntags | Sendedatum: 15.5.2016, 9 Uhr
Buch & Regie: Annette Heinrich
„Wir sind heute, nach 48 Jahren Beziehung, noch glücklicher als am Anfang“, erzählt Annemarie lächelnd. „Mein Herz schlägt manchmal noch Purzelbäume, wenn ich sie sehe!“ bestätigt ihr Lebensgefährte Peter, während er ihre Hand drückt. Als sie sich vor vielen Jahren zufällig bei einer Italien-Reise kennenlernten, war es nicht die „Liebe auf den ersten Blick“. Doch beim Tanzen an einem lauen Sommerabend hat es dann doch „gefunkt“. Und aus diesem Funken ist ein Feuer geworden, das bis heute brennt. Diese Anziehung ist spürbar. Wer das Paar aus Wiesbaden beobachtet, dem fällt auf, wie aufmerksam und einander zugewandt die beiden wirken. Und wie lebendig. Sie reden und lachen viel miteinander. Sie kleiden sich flott, gehen gerne auf Reisen. Er macht ihr Komplimente, schöne Geschenke, und hin und wieder schäkert sie mit ihm wie ein junges Mädchen. Dabei ist sie 75, und er feiert bald seinen 80. Geburtstag.
Wir wollen wissen, wie die beiden es schaffen, ihre Liebe so jung zu halten. Was ist ihre Liebesformel? Was sind die tragenden Säulen ihrer Beziehung?
„Von Beginn an herrschte ein unglaubliches Vertrauen zwischen uns“, erzählt Annemarie. Dieses Vertrauen ist über die Zeit noch stärker geworden; sie können über alles sprechen, teilen Ängste, Sehnsüchte und Bankvollmachten miteinander. Und gemeinsam haben sie auch die bislang größte Herausforderung gemeistert – seine Krebserkrankung vor 15 Jahren. Umso überraschender erscheint es da, dass die beiden nie geheiratet haben und nicht einmal zusammen wohnen. Jeder hat eine eigene Wohnung, die beiden waren ein Leben lang berufstätig, haben ihren Haushalt praktisch selbst organisiert. Sie sehen sich täglich, sind einander treu, doch immer ist auch genügend Raum für die Bedürfnisse und den persönlichen Rückzug der Partner. „Freiheit ist ein ganz wichtiger Punkt in unserer Beziehung“, meinen beide. Vor allem für Peter, der ein „gebranntes Kind“ in punkto Ehe ist. Als Scheidungskind musste er zeitweise in ein Heim; mit 22 heiratete er, weil sein Sohn unterwegs war – „keine Liebeshochzeit, sondern eher eine moralische Verpflichtung“. Mit Druck und von außen vorgegebenen Erwartungen kann er seitdem schlecht umgehen. Für Annemarie war das nie ein großes Problem. Sie konnte sich nach seiner Scheidung gut auf eine Liebe ohne Trauschein einlassen. Dennoch zahlte sie einen gewissen Preis für diese Beziehung. „Ich hätte sehr gerne eigene Kinder gehabt. Aber ein uneheliches Kind, ein „Bangert“, war zur damaligen Zeit ein Außenseiter. Das hätte ich meinem Kind nicht zumuten wollen.“
Trost fand Annemarie im innigen Kontakt mit Peters Sohn Gerald und mit ihrem Patenkind Timo – um beide hat sich das Paar gerne und viel gekümmert. „Aber auch der gemeinsame Glaube hat uns immer geholfen, dankbar zu sein für das, was wir haben, anstatt zu bedauern, was vielleicht noch zu unserem Glück fehlt.“ Das Leben von seiner positiven Seite zu sehen, auch im Alter noch Pläne zu schmieden und neugierig zu bleiben auf alles, was noch kommt, ist für die Wiesbadener Senioren das „Salz in der Beziehungs-Suppe“. Wenn Peter spontan eine Idee hat – was ziemlich oft vorkommt – lässt Annemarie bereitwillig Haushalt und Verpflichtungen sausen. Dann setzen sie sich ins Auto, in den Flieger oder ziehen die Wanderschuhe an. „Es gibt noch viele Orte, die wir gemeinsam erkunden wollen. Langweilig wird uns in diesem Leben sicher nicht mehr!“ Natürlich ist da auch die Angst vor dem Alter, vor Krankheit und dem Verlust des Partners. Doch damit wollen sie sich erst beschäftigen, wenn es soweit ist. Dass ihre Liebe auch stark genug ist für den letzten Weg, davon sind die beiden auf jeden Fall fest überzeugt.
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