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37 Grad: Rosenkrieg. Wenn Liebe sich in Hass verkehrt

ZDF | Sendedatum:30.08.2011, 22:15 Uhr


Autoren: Tina Radke-Gerlach & Annette Heinrich




Bei fast jedem zweiten verheirateten Paar zerplatzen die Träume und Pläne für ein

gemeinsames Leben. Zurückgewiesene Gefühle lassen Liebe in Hass umschlagen; Partner

werden für eigene Probleme verantwortlich gemacht; keiner gönnt dem anderen einen Vorteil, um nicht selber als Verlierer dazustehen. Jahrelange Streitereien um Besitzansprüche und Sorgerecht sind für die Streithähne nicht nur ernüchternd, sondern führen auch zu hohen psychischen Belastungen. Auch vor Kindern machen die Auswirkungen eines Rosenkriegs nicht halt. Oft kommt es zu massiven Verhaltensänderungen, die sich in Aggressionen oder Ängsten, Schulversagen oder psychosomatischen Beschwerden zeigen.

Rosenkriege beginnen spätestens, wenn es um die Unterhaltszahlungen geht, den Renten- und Zugewinnausgleich, wenn beide Seiten endgültig erkennen, was die wirtschaftliche Konsequenz der Scheidung für ihr zukünftiges Leben bedeutet.





Die Mannheimerin Bettina war zwanzig Jahre verheiratet, bevor sie 2009 geschieden wurde. Ihre 20-jährige Tochter lebt seit der Trennung bei ihrem Exmann, die 18-jährige bei ihr. „Seit der Scheidung gehe ich barfuß durch die Hölle“, erzählt Bettina über ihren Rosenkrieg. Ihr Exmann veranstaltete eine wilde Scheidungsparty im häuslichen Garten, die sie und ihre Tochter vom Balkon aus miterlebten. Die Familie wohnt noch immer im selben Haus, wenn auch räumlich voneinander getrennt. Die Schwestern haben seit Jahren keinen Kontakt miteinander, und wenn die Eltern sich im Haus begegnen, gehen sie wortlos aneinander vorüber oder es kommt zu Streitereien. Die gelernte Zahnarzthelferin weiß, dass ihr die Nähe nicht gut tut. Doch die Angst auszuziehen, und damit die große Tochter endgültig zu verlassen ist zu groß. „Es ist der blanke Horror, und alles nur, weil ich mich getraut habe, die Scheidung einzureichen“, erzählt Bettina.

An ihrem letzten Geburtstag stand der Bestatter mit einem Sarg vor der Haustür, um ihren

Leichnam abzuholen. Dann findet sie tote Tiere in ihrem Briefkasten und manchmal klingeln Stripteasetänzer an ihrer Tür, die sie angeblich bestellt hat. Doch am meisten schmerzt sie nicht der Rosenkrieg mit dem Ex-Mann, sondern dass ihre ältere Tochter zur neuen Partnerin des Vaters ‚Mama’ sagt. Auch für den 41jährigen Thomas aus Moers entwickelte sich der Rosenkrieg völlig überraschend. Nach der Scheidung zog seine Ex-Frau mit den beiden Töchtern nach Berlin. Für den Immobilienmakler brach eine Welt zusammen. Burnout, psychische Probleme, arbeitsunfähig. Irgendwann trifft er den Entschluss, sich zum Wohle seiner Töchter aus dem Rosenkrieg zu verabschieden. Als er sieht, wie die Mädchen darunter leiden, verlässt er die ‚Kampfarena’. Über acht Jahre hat er keinerlei Kontakt mehr zu seinen Kindern. Tomas ist trotzdem überzeugt von seinem Schritt und gibt seine Erfahrungen als Vorsitzender des Vereins ‚Väter helfen Vätern eV. an andere Betroffene weiter. Heute ist er froh über seine Entscheidung, denn seit wenigen Monaten hat er wieder erste Kontakte zu seiner älteren Tochter, die sich via Skype bei ihm gemeldet hat.

In einem Heißluftballon wollte der 49jährige Magdeburger Wolfgang seiner Ex-Freundin einen Heiratsantrag machen. Doch zu dem romantischen Antrag ist es nie gekommen.

Unterschiedliche Wertvorstellungen und aufkommende Streitereien fügten dem

Beziehungsglück immer neue Risse zu, bis es 2008 abrupt zerbrach. „Sie war einfach

ausgezogen, ohne ein Wort und ohne unsere Tochter.“ Für Wolfgang ist der Verlust seiner

großen Liebe schmerzlich, doch erträglich, da er für seine geliebte Tochter da sein kann – ein echtes „Papakind“. Aber schon bald entbrennt ein Sorgerechtsstreit, der den selbständigen Baugutachter und Verlagsleiter an seine emotionalen und finanziellen Grenzen führt, und der bis heute wütet. „Worum es meiner Ex-Partnerin dabei geht, weiß ich nicht. Tja, wie sagt man, wenn Liebe in Hass umschlägt. Aber sie kann nicht darüber reden, weder mit mir noch mit neutralen Menschen, die es ihr schon angeboten haben“, erzählt Wolfgang. Seit September 2009 kämpft er um das gemeinsame Sorgerecht und verliert einen Prozess nach dem anderen. Die Gesetzeslage bietet noch keine faire Lösung für unverheirateter Väter. Nur alle 14 Tage kann er seine mittlerweile sechsjähre Tochter sehen. Dabei wohnt sie in unmittelbarer Nachbarschaft und leidet unter der erzwungenen Distanz. Elterngespräche in der Kita, Hobbys der Tochter, Arztbesuche, schulische Pläne – aus all den täglichen Belangen seines Kindes muss sich Wolfgang heraushalten. Die Angst, seine Tochter eines Tages ganz zu verlieren, nimmt ihm oft die Luft zum Atmen und viel von seiner einstigen Lebensfreude. In besonders düsteren Stunden zieht sich der 49-Jährige komplett zurück und vernachlässigt alles, was ihm eigentlich am Herzen liegt: seine Arbeit, seine Freundschaften, seinen Garten, sein Saxophon.

Doch aufgeben kommt für ihn nicht in Frage. „Ich werde um mein Kind kämpfen und dafür, dass ich Papa bleiben kann. “Fieberhaft bereitet er sich auf den nächsten Prozess vor, der ihm endlich das ersehnte gemeinsame Sorgerecht bringen soll. „Ich spreche als Vater mit reinem Herzen – und ich hoffe, dass die Mutter eines Tages zur Einsicht kommt.“

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